Nik Hartmann
führt als Erzähler durch die Rocky Horror Show im Theater 11 Zürich
In der Region Lenzburg ist ab und an wieder lautes Knallen zu hören: Die Saison des Chlöpfens ist gestartet. In Ammerswil dürfen die Schulkinder auch während der grossen Pause die Geisseln schwingen.
Ammerswil Es ist Freitagmorgen. Am Vorabend kam der erste Schnee – und das nicht in geringem Mass. Für die Schulkinder im Gemeindeschulhaus ist das ein Grund zur Freude. Deshalb greifen während der grossen Pause auch nicht alle Kinder zur Geissel, sondern vergnügen sich mit Bob-Fahren oder Schneeballschlachten. Normalerweise würden sonst viel mehr Schülerinnen und Schüler beim Chlauschlöpf-Training mitmachen, erklärt Antonia Anner, die zum Verein Chlauschlöpfer Ammerswil gehört und sich um die Chlauschlöpf-Trainings kümmert. Sie und weitere Helfende vom Verein sind während der Chlauchlöpf-Saison zwei bis drei Mal bei der Schule vor Ort.
Als es in die grosse Pause läutet, dauert es nicht lange, bis die ersten Kinder Antonia Anner begrüssen und sich eine Geissel schnappen. Kurz darauf sind die ersten Knalle hörbar. Trotz der dicken Schneeschicht am Boden zeigen die Schüler, was sie draufhaben.
«Weil es heute Schnee hat, haben wir mit der Schule spontan geschaut, dass wir auch am Montag kommen können. So haben die Kinder, die heute lieber in den Schnee möchten, am Montag auch noch die Möglichkeit zu chlöpfen», erklärt Antonia Anner. Die Zusammenarbeit mit der Schule funktioniere wunderbar: «Das Chlauschlöpfen gehört dazu wie der Räbeliechtliumzug.» In der Schule könne man die Kinder auch besser abholen. Sie würden sehen, was ihre Kollegen machen und möchten es dann auch selbst ausprobieren, stellt Antonia Anner fest.
Vor circa 20 Jahren hat man in der 800-Seelen-Gemeinde begonnen, den Schülerinnen und Schülern während der grossen Pause das Chlauschlöpfe näherzubringen. «Damals gab es in Ammerswil noch etwa acht Leute, die sich aktiv am Chlauschlöpfe beteiligten», weiss Antonia Anner. Mittlerweile nehmen über 50 Ammerswilerinnen und Ammerswiler am jährlichen Chlauschlöpf-Wettbewerb teil – eine erfolgreiche Wiederbelebung einer jahrealten, örtlichen Tradition. Das Schöne sei hierbei auch, dass das Chlauschlöpfen in Ammerswil Generationen verbinde. Beim Chlauschlöpf-Wettbewerb würden alle mitmachen; egal welches Alter.
Dieses Jahr findet der Wettbewerb am Samstag, 7. Dezember statt. Die vier besten Ammerswiler Chlöpfenden qualifizieren sich anschliessend für den Regionalwettbewerb in Dintikon.
In Ammerswil kommt der Samichlaus auch nicht wie üblich am 6. Dezember, dem St. Nikolaus-Tag, vorbei, sondern erst am zweiten Donnerstag im Dezember. An diesem Tag findet in Lenzburg auch immer der Chlausmarkt statt. Dieses Jahr fällt das Ganze auf den 12. Dezember. Am «Chlausmarkt-Morgen» stehen die Ammerswiler Chlauschlöpfer dann jeweils richtig früh auf: Um 4.15 Uhr treffen sie sich im dunklen Dorf und machen sich auf, um die restlichen Dorfbewohner mit ihren Geisseln zu wecken.
Das Chlauschlöpfen ist ein altes Brauchtum aus der Region Lenzburg. Vereinzelt wird auch im luzernischen «gechlöpft».
Man erzählt sich die Geschichte vom Samichlaus, der sich nach einigen gemeinen Streichen von Lausbuben in seine Wohnung zurückzog und keine Lust mehr hatte, die Menschen in der Stadt zu bescheren. Den Lausbuben tat es leid, dass sie den Chlaus dermassen verärgert hatten, und versuchten ihn mit dem Lärm, den sie mit ihren Geisseln erzeugten, aufzuwecken und ihn zu animieren, die Leute wieder zu besuchen.
Von Gemma Chillà
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